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Minister Remmel: "Schadstoff-Belastungen bei Kindern müssen reduziert werden" - Umwelt- und Verbraucherschutzministerium untersucht Kita-Kinder auf Schadstoffe.

Minister Remmel: "Schadstoff-Belastungen bei Kindern müssen reduziert werden" - Umwelt- und Verbraucherschutzministerium untersucht Kita-Kinder auf Schadstoffe.

Das Umweltministerium hat bei langfristig angelegten Untersuchungen von Schadstoffbelastungen bei Kindern zwei Weichmacher nachgewiesen, die in der EU seit 2007 in Spielzeugen verboten sind. Bei zwei der untersuchten Phthalat-Weichmacher wurde das Vorsorge-Bewertungskriterium bei bis zu fünf Prozent der untersuchten Kinder zwischen 2 und 6 Jahren überschritten.
11.05.2017
Untersuchungsdurchgang aus 2014/15 abgeschlossen

Das Umweltministerium hat bei seinen langfristig angelegten Untersuchungen von Schadstoffbelastungen bei Kindern zwei Weichmacher nachgewiesen, die in der EU seit 2007 in Spielzeugen verboten sind. Bei zwei der untersuchten Phthalat-Weichmacher wurde das Vorsorge-Bewertungskriterium bei bis zu fünf Prozent der untersuchten Kinder zwischen 2 und 6 Jahren überschritten. Dies gilt für die Abbauprodukte der Phthalate Di-iso-Butylphthalat (DiBP) und Di-n-Butylphthalat (DnBP), die aktuell im Rahmen der EU-Chemikaliengesetzgebung (REACH) als endokrine Disruptoren eingestuft wurden. Sie wirken auf das Hormonsystem des Körpers ein und können zum Beispiel die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen. Andere Untersuchungen im Rahmen des Human-Biomonitoring-Programms zeigen Konzentrationen unterhalb von Grenzwerten und Vorsorgewerten auf. "Wir kommen täglich mit chemischen Stoffen in Kontakt, die in unserem Körper bleiben und Spuren hinterlassen", sagte Umweltminister Johannes Remmel. "Gerade bei Kindern ist es wichtig, diese Schadstoff-Belastung zu reduzieren. Deshalb führen wir in regelmäßigen Abständen Untersuchungen durch, um die Belastung der Kinder mit Schadstoffen zu beurteilen. Unser Untersuchungsansatz dient der Vorsorge und ist ein wichtiges Früherkennungssystem für mögliche Belastungen von Kindern mit Stoffen aus verbrauchernahen Produkten", sagte Minister Remmel und ergänzte: "Wir werden die Ergebnisse jetzt den zuständigen Bundesbehörden übermitteln, damit diese Erkenntnisse dann zum Beispiel in Zulassungsverfahren berücksichtigt werden können." Mit dem 2016 verabschiedeten Masterplan Umwelt und Gesundheit verfolgt die Landesregierung das Ziel, die umweltbedingten Gesundheitsrisiken für die Menschen in Nordrhein-Westfalen mit einem breit angelegten und integrierten Handlungskonzept zu reduzieren. Ein Schwerpunkt des Masterplans ist das frühzeitige Erkennen der Belastung von Kindern mit Schadstoffen. Das Umweltministerium hat das Landesumweltamt (LANUV) mit Untersuchungen beauftragt, in denen in regelmäßigen zeitlichen Abständen von drei bis vier Jahren die Belastung von nordrhein-westfälischen Kindern im Alter zwischen 2 und 6 Jahren auf ausgewählte Schadstoffe und deren Abbauprojekte im Urin ermittelt wird. Durch diese regelmäßigen Untersuchungen ist es möglich, die Belastung von Kindern dieser Altersgruppe mit alten und neuen Schadstoffen zu verfolgen (Human-Biomonitoring). Der komplette Untersuchungsdurchgang mit Proben aus dem Zeitraum 2014/15 ist nun abgeschlossen und ausgewertet. "Die Ergebnisse zeigen, dass die ermittelten Konzentrationen verschiedener Schadstoffe und ihrer Abbauprodukte im Urin der zwei bis sechs Jahre alten Kinder innerhalb gesundheitlich tolerabler Grenzen liegen. Allerdings wurde bei zwei Weichmachern der Vorsorgewert bei bis zu fünf Prozent der untersuchten Kinder überschritten", erläuterte der Präsident des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW), Dr. Thomas Delschen. "Der Einsatz von Weichmachern ist offensichtlich nach wie vor zu hoch und muss daher weiter abgesenkt werden", forderte Minister Remmel. Deshalb fordere das NRW-Verbraucherschutzministerium seit Jahren in Richtung Bundesministerium eine Null-Toleranz-Politik bei schädlichen Weichmachern und anderen gefährlichen Stoffen in Spielzeug. Etwa 250 Kinder aus 17 Kindertagesstätten wurden im Rahmen des Programms auf Weichmacher (Phthalate), einen Weichmacher-Ersatzstoff (DINCH), Konservierungsstoffe (Parabene), Kosmetik-Stabilisatoren (Benzophenone), einem Desinfektionsmittelbestandteil (Triclosan) und einem Kunststoffzusatzstoff (Bisphenol A) sowie die Abbauprodukte dieser Substanzen (sogenannte Metaboliten) untersucht. Erstmalig wurde auch das in Unkrautvernichtungsmitteln eingesetzte Glyphosat im Urin der zwei- bis sechsjährigen Kinder analysiert. Außerdem wurde für einen ersten Überblick bei einem Teil der gewonnenen Proben eine Untersuchung auf Flammschutzmittel (Organophosphat-Metaboliten) vorgenommen. Während sich zum Beispiel für einige Substanzen (Bisphenol A oder Triclosan) die mittlere Konzentration im Urin der Kinder 2014/2015 statistisch nicht signifikant von der in 2011/2012 unterscheidet, zeigen sich für andere Schadstoffe statistisch signifikante Unterschiede. So sind die mittleren Konzentrationen der Abbauprodukte des Weichmachers DINCH (Handelsname "Hexamoll") im Urin innerhalb von drei Jahren um 41 bis 100 Prozentpunkte (je nach Metabolit) angestiegen. Auch für das Monoethylphthalat, einem Abbauprodukt des Diethylphthalates, das unter anderem in Kosmetikartikeln zum Einsatz kommt, ist im Mittel ein Anstieg der Gehalte im Urin der Kinder zu verzeichnen. Auf der anderen Seite konnte bei dem Weichmacher DEHP (Diethylhexylphthalat) bzw. seinen beiden Abbauprodukten eine statistisch signifikante Abnahme der mittleren Konzentration um ca. 40 Prozent im Urin beobachtet werden. Ähnliches ist bei den Konservierungsstoffen Methyl- und n-Propylparaben festzustellen. Hier ging die mittlere Belastung sogar um 85 beziehungsweise 70 Prozent zurück. Die untersuchten Stoffe werden in Alltagsgegenständen eingesetzt, mit denen die Bevölkerung - auch Kinder - täglich in Kontakt kommen kann: 
Zum Beispiel in Kunststoffen (Phthalate, DINCH, Bisphenol A), Kosmetikprodukten wie Cremes, Shampoo oder Duschgel (Parabene, Triclosan) oder Materialien zur Herstellung von elektronischen Bauteilen oder Gebrauchsgegenständen wie zum Beispiel Sitzmöbel oder Kindersitze (Organophosphat-Flammschutzmittel). Glyphosat kann auch über Anwendungen im Privatbereich (Einsatz von Glyphosat-haltigen Unkrautbekämpfungsmitteln im Garten) oder gegebenenfalls aus Lebensmitteln aufgenommen werden.

Human-Biomonitoring hat Radarfunktion

Regelmäßig wiederkehrende Untersuchungen bei Kindern der gleichen Altersgruppe können Zu- oder Abnahmen von Belastungen mit Schadstoffen aufzeigen und haben so auch eine Radarfunktion für aktuelle und künftige Themen, die für den umweltbezogenen Gesundheitsschutz Relevanz haben.

Regulation greift, Ersatzstoffe steigen an

Die Ergebnisse der Kita-Untersuchungen des LANUV zeigen eindrucksvoll, dass Regulierungen zu einer Minderung der Belastung führen können. So hat zum Beispiel das Verbot des Einsatzes von DEHP, einem gesundheitlich bedenklichen Weichmacher, zu einem deutlichen Rückgang der Konzentration seiner Abbauprodukte im Urin der Kinder geführt. Andererseits steigen nun die Konzentrationen der Abbauprodukte des ersatzweise eingesetzten Weichmachers DINCH an. Im Vergleich zu DEHP wird DINCH nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand als günstiger im Hinblick auf die Wirkungen angesehen. Mit den bei Kita-Kindern durchgeführten Human-Biomonitoring-Untersuchungen können aktuelle Belastungen der Kinder mit Umweltschadstoffen effektiv erfasst werden. Kinder im Alter von bis zu sechs Jahren gelten als besonders empfindliche. Die Daten der aktuellen Stoffkonzentration im Urin, aber auch der Verlauf der Konzentration über die Zeit können Anlass sein, Stoffregulierungen weiterzuentwickeln. Die Effektivität bereits eingeführter Maßnahmen zur Minderung der Belastung (Beispiel DEHP) lässt sich anhand der Untersuchungsergebnisse überprüfen. Die Ergebnisse können auch darauf hinweisen, welche Stoffe vorsorglich beobachtet werden sollten (Beispiel DINCH).

Die Untersuchungen gehen weiter

Minister Remmel: "Die Ergebnisse zeigen sehr deutlich, wie wichtig es ist, mit regulatorischen Maßnahmen die Exposition der Kinder zu reduzieren. Wir beobachten die innere Belastung der Kinder mit Schadstoffen weiter. Die nächste Untersuchung 2017/2018 wird zurzeit vorbereitet. Dann werden neben anderen Schadstoffen auch Pflanzenschutzmittel einbezogen." Die Ergebnisse aller Kita-Untersuchungen werden im Internetauftritt des LANUV veröffentlicht.