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Umwelt. Naturschutz. Verkehr

Zahl der Woche: An 131 Mess-Standorten wurde der Stickstoffdioxid-Grenzwert eingehalten

Zahl der Woche: An 131 Mess-Standorten wurde der Stickstoffdioxid-Grenzwert eingehalten

Ambitionierter Umweltschutz hat in den letzten Jahrzehnten die Luftqualität in Nordrhein-Westfalen deutlich verbessert - Positiver Trend setzt sich auch 2023 fort

05.06.2024

Rauchende Schlote, staubige Zechen, schmutzige Wäsche: Im Zuge der Industrialisierung wurde das Ruhrgebiet nicht nur zur größten Industrieregion in Europa, sondern auch zum Sinnbild der Umweltverschmutzung. Die ungefilterten Industrieabgase belasteten die Gesundheit vieler Menschen, Schwefeldioxidwolken vergifteten die Wälder. Da die Stahlwerke für die deutsche Rüstungsindustrie von zentraler Bedeutung waren, hatten Umweltauflagen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts keine Chance. Und auch nach 1945 benötigte Europa Kohle, Eisen und Stahl. Das Ruhrgebiet wurde wieder als Industrieregion aufgebaut. Ende der 50er Jahre wurden die Folgen für die Umwelt immer deutlicher. „Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden!“ Das sagte Kanzlerkandidat Willy Brandt im April 1961 während einer Wahlkampfrede in Bonn. „Erschreckende Untersuchungsergebnisse“ hätten gezeigt, „dass im Zusammenhang mit der Verschmutzung von Luft und Wasser eine Zunahme von Leukämie, Krebs, Rachitis, Blutbildveränderungen sogar schon bei Kindern festzustellen sind. Es ist bestürzend, dass diese Gemeinschaftsaufgabe, bei der es um die Gesundheit von Millionen Menschen geht, bisher fast völlig vernachlässigt wurde“, erklärte der spätere Bundeskanzler. Es sollte ein weiter Weg werden, bis der Himmel über dem Revier wieder blau wurde.

1962 verabschiedete Nordrhein-Westfalen das bundesweit erste Landes-Immissionsschutzgesetz. Die Industrie wurde in die Pflicht genommen. Allerdings bestand der praktische Umweltschutz zunächst oft weiterhin im Bau höherer Schornsteine, so dass die verschmutze Luft vom Wind nur weiter verteilt wurde. Ruß und Staub in den 60er Jahren, Schwefeldioxid in den 70er Jahren, sommerlicher Photosmog, ab Mitte der 90er Jahre zunehmend Feinstaub: die Umweltprobleme zwang die Politik zum Handeln.

Seit den 1970er Jahren wurden eine Reihe von Gesetzen wie das Benzin-Blei-Gesetz oder das Bundes-Immissionsschutzgesetz verabschiedet. Die Rauchgasentschwefelung in Kraftwerken, die Reduktion des Schwefelgehalts in Kraftstoffen und der Rückgang der Kohleheizungen in Privathaushalten führten dazu, dass sich die Luftqualität in Deutschland in den letzten Jahrzehnten deutlich verbesserte.

„Der Trend der letzten Jahre zeigt, dass sich ambitionierte Umweltpolitik auszahlt und die Gesundheit der Menschen profitiert“, sagt Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr. Die aktuelle Luftqualitätsbilanz mit Auswertungen der Messdaten aus dem Jahr 2023 des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) zeigt, dass die Schadstoffbelastung der Luft in Nordrhein-Westfalen im vorigen Jahr im Vergleich zu den Jahren 2021 und 2022 weiter gesunken ist.

Der derzeit geltende Grenzwert für die mittlere Jahresbelastung mit Stickstoffdioxid beträgt 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) Luft. An 131 von 132 Standorten wurde der Grenzwert im vergangenen Jahr eingehalten. Einzig an einer Probenahmestelle an der Kruppstraße in Essen in direkter Nähe zur Autobahn A40 wurde der Grenzwert weiterhin überschritten. Allerdings sank auch hier die Belastung um vier Mikrogramm pro Kubikmeter auf einen NO2-Jahresmittelwert von 41 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Die bereits in den beiden Vorjahren hier festgestellte Grenzwert­über­schreitung war der Auslöser für die Aufstellung eines Luftreinhalteplans durch die Bezirksregierung Düsseldorf mit dem Ziel, die Überschreitungs­situation möglichst schnell zu beheben.

Im September 2021 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Empfehlungen für neue Grenzwerte zur Beurteilung der Konzentrationen von Luftschadstoffen abgegeben. Die novellierten Empfehlungen der WHO sind ambitionierter als die bisher geltenden gesetzlichen. Die EU-Kommission hat beschlossen, die Grenzwerte für die Luftqualität diesen Empfehlungen anzupassen. Das EU-Parlament hat für die neuen Obergrenzen für Luftschadstoffe gestimmt, für ein Inkrafttreten der Richtlinie ist noch eine Zustimmung des Rates der EU-Staaten erforderlich.

Prognosen des LANUV zeigen, dass in Nordrhein-Westfalen weitere Luftreinhaltemaßnahmen notwendig sein werden, um alle vorgeschlagenen Ziele einzuhalten.

Doch darauf dürfe sich die Gesellschaft nicht ausruhen. „Wir müssen in die Mobilität der Zukunft investieren, um die Luft- und Lebensqualität in Nordrhein-Westfalen noch weiter zu verbessern,“ so Minister Oliver Krischer.