Biologische Vielfalt und Biodiversitätsstrategie NRW
Natürlicher Artenreichtum in Gefahr
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Insektensterben – Datengrundlage, Folgen, Maßnahmen
Dem Rückgang der Insekten und in dessen Folge auch dem Rückgang anderer Tiergruppen, wie beispielsweise bestimmter Vogelarten, liegt ein großes Spektrum von möglichen Ursachen zu Grunde: Zerstörung und Fragmentierung von Lebensräumen, Lichtverschmutzung, die Eutrophierung der Landschaft durch Stickstoffeinträge aus der Luft (z. B. Verkehr, Hausbrand, Industrie, Düngung) sowie Änderungen der landwirtschaftlichen Nutzung. In diesem Zusammenhang dürfte auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln eine gewichtige Rolle spielen. Hinzu kommen zunehmend naturfern gestaltete Gärten und Grünanlagen im besiedelten Raum. Überlagert werden die genannten Faktoren vermutlich auch durch die globale Klimaveränderung, die ihrerseits einen Einfluss auf ganze Lebensgemeinschaften (Biozönosen) hat. Insekten sind jedoch eine wichtige Schlüsselgruppe der biologischen Vielfalt. Sie leisten u. a. einen bedeutenden Beitrag zur Bestäubung der Blütenpflanzen, darunter auch vieler Nutzpflanzen. Sie selbst sind Nahrungsgrundlage für viele Tierarten, wie zum Beispiel Säugetiere und Vögel. Der Verlust der Insekten hat letztendlich weitreichende Folgen für Ökosysteme insgesamt.
Aus diesen Gründen verfährt das Land zweigleisig: Sofortmaßnahmen zur Stützung der Artenvielfalt, vor allem im Bereich Landwirtschaft, und parallel dazu weitere Aufklärung der vielfältigen Ursachen, um immer zielgerichteter vorgehen zu können.
Das Land NRW hat bereits früh, nämlich als erstes Bundesland mit einem umfassenden Monitoring zur weiteren Ursachenaufklärung begonnen. Im Juni 2017 hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) im Auftrag des Umweltministeriums ein repräsentatives landesweites Monitoring der flugfähigen Insekten gestartet. In den nächsten Jahren werden 120 repräsentative Probeflächen systematisch untersucht. Eine landesweite Auswertung liegt nach Abschluss der Monitoring-Untersuchungen im Jahr 2022 vor. Dieser Datengrundlage wird eine sachliche Diskussion zu den Ursachen unterstützen.
Unabhängig von weiterem Erkenntnisgewinn zu Rückgangsursachen können und müssen bereits jetzt bekannte und geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um dem Abnahmetrend entgegen zu wirken. Darunter fallen beispielsweise in der Agrarlandschaft die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln, die Schaffung von mehr Blüh- und Brachestreifen im Offenland durch Vertragsnaturschutz- und Agrarumweltmaßnahmen. Der Ökolandbau hat durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und durch ein niedriges Düngeniveau, oft begleitet von vielfältigen Fruchtfolgen, positive Wirkungen auf den Naturhaushalt. Der naturschutzgerechten Pflege von Wegrainen kommt gerade in ackerbaulich geprägten Regionen eine wichtige Rolle bei der Förderung der Biodiversität zu.
Das LANUV hat dazu einen Praxisleitfaden für artenreiche Weg- und Feldraine veröffentlicht. Dieser Leitfaden sowie ein ergänzendes Fachinformationssystem im Internet enthalten konkrete Vorschläge, wie blütenreiche Feld- und Wegraine als Lebensraum für nektarsammelnde Insekten erhalten und entwickelt werden können.
Auf kommunaler Ebene besteht im Siedlungsbereich bei der Umwandlung von Einheitsgrün in artenreiche Anlagen noch enormes Entwicklungspotenzial. Nicht zuletzt kann jeder Einzelne einen Beitrag zur Förderung der Insektenwelt beitragen. Beispielsweise bieten naturnah gestaltete (Vor-)Gärten bei entsprechender Pflanzenauswahl einen geringen Pflegeaufwand und haben vielerlei Vorteile für Natur und Umwelt.
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Zur Situation der bereits untersuchten Insektengruppen in NRW
In Nordrhein-Westfalen stehen u. a. 55 % der Schmetterlinge, 52 % der Wildbienen und Wespen, 48 % der Heuschrecken und 45 % der Libellen in der aktuellen Roten Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere in NRW. Der Entomologische Verein Krefeld hat seit 1989 an unterschiedlichen Standorten in NRW mit standardisierten Methoden fliegende Insekten gesammelt und ihre Biomasse bestimmt. Insgesamt konnte ein dramatischer Rückgang der Insekten-Biomasse dokumentiert werden. Die Ergebnisse wurden u. a. in der internationalen wissenschaftlichen Online-Fachzeitschrift "Plos One" im Oktober 2017 veröffentlicht. Gesamtergebnis der Studie: In den vergangenen 27 Jahren nahm in Teilen Deutschlands die Gesamtmasse der Fluginsekten im Mittel um mehr als 75 % ab. Der allgemeine Trend der Krefelder Studie wird durch eine neue Insektenstudie der Technischen Universität München von Oktober 2019 bestätigt.
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Biodiversitätsstrategie NRW und Landesnaturschutzgesetz
Insgesamt machen die Rote Liste NRW und der FFH-Bericht für Nordrhein-Westfalen deutlich, dass dem Artenverlust engagiert gegengesteuert werden muss. Das Umweltministerium NRW hat deshalb auf Basis der "Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS)" der Bundesregierung die Biodiversitätsstrategie NRW erarbeitet. Die Biodiversitätsstrategie NRW beschreibt die Ausgangslage des nordrhein-westfälischen Naturschutzes und richtet zugleich die Naturschutzarbeit auf die künftigen Herausforderungen aus. Für die kommenden 10 bis 15 Jahre werden konkrete Ziele formuliert und entsprechende Maßnahmen zur Förderung der biologischen Vielfalt dargelegt. Die Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie und der Landesstrategie ist nicht allein Aufgabe für den Bund oder das Land Nordrhein-Westfalen, sondern muss alle gesellschaftlichen Akteure einbeziehen. Im Landesnaturschutzgesetz wurde das Bundesnaturschutzrecht unter Nutzung landesrechtlicher Handlungsspielräume präzisiert. Insgesamt werden in der Biodiversitätsstrategie NRW rund 150 Ziele und Maßnahmen beschrieben. Dazu gehören zum Beispiel
- die ökologische Entwicklung von Gewässern und Auen mit dem NRW-Programm "Lebendige Gewässer",
- Schutzprogramme für besonders gefährdete Arten wie Äschen, Wiesenvögel und Wildkatze,
- die konsequente Anwendung der gesetzlichen Artenschutzbestimmungen,
- eine "Qualitätsoffensive" in den Schutzgebieten,
- der Schutz des Grünlandes und die Wiederherstellung von naturnahen Strukturen in der Agrarlandschaft,
- die Entwicklung und Umsetzung integrierter Artenschutzmaßnahmen im Ackerbau und im Grünland,
- die Ausweitung des Vertragsnaturschutzes und des ökologischen Landbaus,
- die Förderung der Umweltbildung von der Kita bis zur Hochschule
- und das Erlebbarmachen des wertvollen Naturerbes des Landes für seine Bürgerinnen und Bürger.
Der Umsetzungsprozess der Biodiversitätsstrategie NRW erfolgt in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Interessengruppen und Akteuren.
Weitere Informationen:
- Die Biodiversitätsstrategie im Wortlaut: "Für die Vielfalt in der Natur – Die Biodiversitätsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen" – Broschüre 155 Seiten, Stand: November 2015
- zum Thema "Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt" beim Bundesamt für Naturschutz
- Gesetz zum Schutz der Natur in Nordrhein-Westfalen und zur Änderung anderer Vorschriften (Landesnaturschutzgesetz – LNatSchG NRW)
Naturschutz-Datenbanken und Biodiversitätsmonitoring
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Jetzt ausleihen: Wanderausstellung "Vielfalt im Garten"
Das Thema Insektenrückgang beschäftigt immer mehr Menschen und ist jetzt Thema einer Wanderausstellung der Natur- und Umweltschutz-Akademie und des NRW-Umweltministeriums, die ab sofort von Kommunen, Vereinen und Akteuren aus dem Garten- und Naturschutzbereich kostenfrei entliehen werden kann. Die nachhaltig produzierten Roll-Ups können in Räumen mit viel Publikumsverkehr wie Bürgerbüros, Stadtbibliotheken, Stadtteil- und Gemeindezentren oder Volkshochschulen präsentiert werden.
Wie bereichern Insekten, Würmer, Spinnen, Vögel und andere Tiere den Garten? An welchen Stellen leben sie dort gern? Wie kann man mit wenig Aufwand in Garten oder auf dem Balkon Lebensräume für Tiere und Pflanzen schaffen und so selbst etwas für den Erhalt der Artenvielfalt tun? Besucherinnen und Besucher erhalten Antworten auf viele Fragen rund um das Thema Artenvielfalt im Garten sowie Ideen und Anregung für eine insektenfreundliche Gestaltung privater Grünflächen.
Die neue NUA-Ausstellung "Vielfalt im Garten". Foto: NUA.
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